Fallbeschreibung:
Aufgrund akuter starker Schmerzen im rechten Oberschenkel (nicht Liegen-, Stehen-, Sitzenkönnen) ergibt sich folgender Verlauf:
1. RTW nachts um 2.00 Uhr gerufen zur Überführung in die Notaufnahme ins nächstgelegene Krankenhaus.
2. In der Notaufnahme werden durch den diensthabenden Arzt Bewegungseinschränkungen im rechten Bein festgestellt und eine Röntgenaufnahme der rechten Hüfte veranlasst mit der Diagnose einer „aktivierten Coxarthrose“: bei akuten Schmerzen!
Mit Gehhilfen, Schmerzmitteln und Kurzarztbericht gegen 6.00 Uhr entlassen zum Hausarztbesuch.
3. Mein Mann fährt mich am nächsten Tag zum Hausarzt; ich kann aufgrund der starken Schmerzen im rechten Bein nicht mehr Autofahren! Mein Hausarzt schreibt mich eine Woche krank und gibt mir eine Überweisung zum Orthopäden! „Was soll ich beim Orthopäden; ich habe höllische Schmerzen im gesamten rechten Oberschenkel“, sage ich ihm. Der Orthopäde könne mir eine Überweisung zum MRT geben, erwidert mein Hausarzt. Dass er ein Ultraschall machen könne, darauf kommt er nicht! Könnte als Befunderhebungsfehler gewertet werden.
4. Der Orthopäde sieht die Überweisung und empfiehlt mir eine neues rechtes Hüftgelenk. „Ich habe starke Schmerzen im gesamten rechten Oberschenkel“, wiederhole ich. Dann stellt er mir eine Überweisung zum MRT aus. Eine weitere Untersuchung findet nicht statt.
5. In der Radiologie könne ich erst einen Termin in drei Wochen bekommen, sagt mir die Sprechstundenhilfe. „Ich habe akute Schmerzen und brauche sofort einen Termin“, erwidere ich. Am nächsten Tag komme ich zur MRT-Untersuchung, jedoch ist das Gerät defekt. „Ich brauche sofort eine Untersuchung, sobald das Gerät wieder funktioniert, weil ich so starke Schmerzen habe“, sage ich dem Radiologen. „Schmerzen sind kein Notfall“, erwidert dieser. Mir ist vor Schmerzen schon ganz übel und ich kann kaum noch klar denken.
6. Am nächsten Tag lasse ich mich vor lauter Schmerzen von meinem Mann in die nächste Notaufnahme fahren. Wieder werden Bewegungseinschränkungen und diesmal erhöhte Temperatur festgestellt. Eine stationäre Aufnahme in der Klinik ist nicht möglich!
7. In der nächsten Notaufnahme wird zum ersten Mal ein Blutbild erstellt und ich werde stationär in der Klinik aufgenommen. Ich werde an einen Schmerztropf angeschlossen und sediert. Trotz astronomisch hoher Entzündungswerte, die auch von einem Arzt abgezeichnet sind, werde ich fünf Tage lang! ohne weitere Diagnose und Therapie liegengelassen.
Erst mein Mann hat meinen roten, angeschwollenen und heißen linken Unterschenkel festgestellt und einen der vielen ausländischen Ärzte, die kaum Deutsch sprachen, darauf aufmerksam gemacht. Ich wurde sofort ins künstliche Koma gelegt und auf die Intensivstation verlegt; ich hatte eine Sepsis entwickelt.
Daraufhin wurde weiter diagnostiziert mittels CT und MRT und eine nekrotisierende Fasziitis festgestellt und der rechte Oberschenkel wurde vom Knie bis zur Hüfte geöffnet. Eine Woche lang wurde dann an mir mit Bluttransfusionen und Antibiotika herumgedoktert, um die Sepsis in den Griff zu bekommen.
Als das nicht gelang, wollte man mich in ein Universitätsklinikum überführen; das hatte jedoch keine freien Kapazitäten. So bin ich in einem anderen Klinikum intubiert, künstlich beatmet und katecholaminpflichtig mit akutem Nierenversagen eingeliefert worden.
Dort kämpften die Ärzte dann auf der Intensivstation um mein Leben und mußten am vierten Tag meinen linken Unterschenkel amputieren, sonst hätte ich nicht überlebt. Und als ob das nicht schon alles schlimm genug war, hatte man mir aus dem ursprünglichen Klinikum noch einen multiresistenten Keim mitgegeben, sodass ich isoliert werden mußte und die ganze Zeit im BG Klinikum mir selbst überlassen war… Auch meine dringend notwendige Reha wurde deshalb von der DRV abgelehnt; ich mußte Widerspruch einlegen und den MRSA erst sanieren lassen. Dadurch konnte ich die Reha erst mit zweieinhalbmonatiger Verzögerung antreten und mit fehlgestellter Interimsprothese wie sich im Verlauf der Reha herausstellte.
Auszug aus dem Gutachten zum groben Behandlungsfehler: „Die Versicherte stellte sich mit einer zunehmenden Schmerzsymptomatik bei mehreren Untersuchern vor (insgesamt sechs Ärzten!), die fälschlicherweise als „aktivierte Coxarthrose“ gewertet wurde. Die erste Blutuntersuchung erbrachte Hinweise auf ein hochgradig pathologisches entzündliches Geschehen, allerdings wurden diese Hinweise nicht adäquat in weitere diagnostische und therapeutische Bemühungen umgesetzt. Die, wie sich dann später herausstellte, zu Grunde liegende nekrotisierende Fasciitis führte dann zur Notwendigkeit mehrerer Operationen und nach Verlegung in eine Spezialklinik u. a. auch zur Unterschenkelamputation links mit dauerhafter Prothesennotwendigkeit. Die Unterlassung der sofortigen Einleitung von diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen nach Erhalt des Blutbildes mit massiv erhöhten Entzündungswerten ist eindeutig vorwerfbar und aus gutachterlicher Sicht schlechterdings nicht nachvollziehbar.“
Ich bin körperlich unversehrt und organisch gesund in ein Krankenhaus gegangen; nach dem Aufenthalt bin ich schwerbehindert. Vielen Dank.
Gut gelaufen:
Sagen Sie es mir! Ich kann nichts dergleichen entdecken.
Schlecht gelaufen:
Dem o. a. ist nichts mehr hinzuzufügen! Schlimmer geht immer.
Verbesserungsvorschläge:
Diese Analyse überlasse ich den Lesern.
Weitere Infos:
M. E. sollte das ganze Vorgehen bzw. Unterlassen strafrechtlich relevant sein, grenzt es doch an Aussetzung lt. § 221 StGB und vorsätzliche Körperverletzung lt. § 223 StGB.
Infos zum Fall:
Perspektive:
Patientin oder Patient
Alter:
50-69 Jahre
Art der EInrichtung:
Rehaeinrichtung, stationär, Ambulante Praxis, Arztpraxis, Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ), Rettungsdienst/Krankentransport, Krankenhaus, innerklinischer Transport, Intensivstation, Normalstation, Notaufnahme, Operationssaal
Geschlecht:
weiblich