Fallbeschreibung:
Etwa zwei Wochen nach der Entbindung (spontan) meines Sohnes im Sommer eines Jahres musste bei mir ein noch verbliebener Plazenta-Rest durch eine Ausschabung entfernt werden. Im Arztbericht steht als Therapie „stumpfe Nachkürettage“ – der zuständige Arzt der gynäkologischen Abteilung des Krankenhauses, in dem ich auch entbunden hatte, führte diese Ausschabung ohne eine Spiegelung durch. Bei einer Nachkontrolle im Herbst desselben Jahres zeigte sich die Gebärmutter noch immer auffällig, also empfahl meine Frauenärztin eine erneute Ausschabung bzw. Spiegelung. Dieser Eingriff wurde vom gleichen Arzt durchgeführt, dieses Mal erfolgte eine „operative Hysteroskopie, Abrasio uteri“ laut Bericht.
Nach dem Abstillen bekam ich wieder meine Periode, die Menstruation war allerdings kaum vorhanden und ich hatte vermehrt Schmerzen über den ganzen Zyklus hinweg. Meine Frauenärztin hat meine Symptome sehr lange nicht ernst genommen. Circa 2 Jahre versuchte ich erfolglos, erneut schwanger zu werden. Schließlich überwies mich meine Frauenärztin auf mein Drängen hin an eine Kinderwunsch-Praxis, um einen detaillierten Ultraschall machen zu lassen. Die Diagnose: Asherman-Syndrom (vernarbte, verklebte Gebärmutterwand, keine intakte Schleimhaut) aufgrund der postnatalen Ausschabungen.
Die Folge: Überweisung zu einem Spezialisten in der Hoffnung, dass die Vernarbungen operativ so gut entfernt werden können, um eine neue Schwangerschaft zu ermöglichen.
Ich hatte dort nun mehrere Hysterokopien, habe dazwischen Hormone genommen, ein Fortschritt war da, wenn auch ein langsamer.
Die letzte Spiegelung fand vor Kurzem statt. Das Ergebnis ist eine Katastrophe für mich: trotz aller Bemühungen sind nach wie vor ca. 50 Prozent vernarbt (zu Beginn waren es nahezu 100 (Stadium 4)), der Arzt sieht keinen Sinn in einer weiteren Behandlung, zwischen der letzten und dieser Spiegelung gab es keinen Fortschritt. Außerdem spielt mein Alter (Ende 30) eine Rolle. Ich werde also kein Kind mehr bekommen können und stattdessen vermehrt Schmerzen haben, körperliche und vor allem seelische.
Gut gelaufen:
Ich habe bei beiden Eingriffen die Narkose gut vertragen.
Schlecht gelaufen:
Der Arzt hat schon bei der ersten Ausschabung schlichtweg schlechte Arbeit geleistet. Kurz nach der Geburt ist die Gebärmutter empfindlich, das müsste er wissen und dementsprechend vorsichtig vorgehen und eben auch mit Bild operieren.
Bei dem Arztgespräch danach kam die flapsige Rückmeldung, es wäre so viel zu entfernen gewesen, ihm tue jetzt das Handgelenk weh (ungefährer Wortlaut). Da es mir in dieser Situation nicht besonders gut ging (Blutverlust, generelle Erschöpfung von Narkose und Wochenbett, Baby an der Brust, aber auch Erleichterung, dass vorbei), habe ich darüber hinweg gehört. Ohne zu wissen, wie sehr ich noch darunter leiden werde. Im Nachhinein empfinde ich eine solche Äußerung als hochgradig unprofessionell und unverschämt.
Auch meine Frauenärztin hat aus meiner Sicht die Zusammenhänge schlichtweg zu spät bzw. gar nicht erkannt. Meine Symptome (s.o.) in Verbindung mit den Ausschabungen hätte sie alarmieren müssen. So habe ich wertvolle Zeit verloren (siehe Alter).
Verbesserungsvorschläge:
Es braucht dringend Aufklärung über das Ashermann-Syndrom für MedizinerInnen, bis hin in die Krankenhäuser, damit solche Leidenswege gar nicht erst entstehen oder verkürzt werden können. Und es sollte eine stärkere Qualitätskontrolle hinsichtlich der Ärzte bzw. in meinem Fall jetzt speziell den Chefarzt einer großen Entbindungsstation bzw. Gynäkologie hier betreffend geben. Es kann nicht sein, dass ein Arzt in einer solchen Position als höchster Verantwortungsträger solche Fehler macht – und das mit ziemlicher Sicherheit auch nicht nur bei mir.
Das System Privat-Versichung = Chefarztbehandlungen sollte auch überdacht werden. Ich verstehe, dass es für die Finanzierung der Krankenhäuser aktuell wichtig ist, dass sie diese Behandlungen abrechnen können. Aber ich bin der Überzeugung, dass alle Ärzte den gleichen Job machen (in meinem Fall evtl. sogar einen besseren als der Chef?), alle die gleiche Verantwortung für ihre Patienten tragen. Bei und nach der Geburt habe ich mich damals aus diesem Grund mehrfach gegen eine explizite Chefarztbehandlung ausgesprochen, er war trotzdem immer wieder bei der Visite dabei und es wurde auch abgerechnet. Ich war es irgendwann müde, noch etwas zu sagen oder Widerspruch einzulegen. Als frischgebackene Mutter hatte ich andere Sorgen.
Weitere Infos:
Ich kämpfe neben den überwiegend negativen Erfahrungen in diesem Prozess und eben jetzt auch der schmerzlichen Erkenntnis, kein weiteres Kind bekommen zu können, vor allem mit Wut. Wut darüber, dass mich so etwas trifft, dass so etwas überhaupt passieren kann und dieser Arzt weiterhin praktiziert und weitere Schäden anrichtet.
Aus meinem persönlichen Bekanntenkreis kenne ich bereits weitere Behandlungsfehler seinerseits.
Mit der Einwilligung zur Ausschabung habe ich damals alle dort aufgelisteten Risiken in Kauf genommen und mich diesem Arzt „anvertraut“. Beim zweiten Mal hat er per Bildgebung eigentlich sehen müssen, dass es Narbengewebe gibt (laut Experte). Dazu kein Wort – denn sonst hätte er seinen eigenen Fehler eingestehen müssen. Mir hätte das extrem geholfen, denn ich hätte es gleich gezielt behandeln lassen können und mir jede Menge physische und psychische Schmerzen erspart.
Seinen hippokratischen Eid hat er – schon in meinem Fall – damit mehrfach gebrochen.
Infos zum Fall:
Perspektive:
Patientin oder Patient
Alter:
30-49 Jahre
Art der EInrichtung:
Ambulante Praxis, Arztpraxis, Krankenhaus, Geburt
Geschlecht:
weiblich