Icon Mehr-Patientensicherheit
2024-698

Traumatische Blasenspiegelung

Fallbeschreibung:

Weil die Ursachen meiner Reizblase unklar waren, sollte ich eine urodynamische Untersuchung mit anschließender Blasenspiegelung machen. Die urodynamische Untersuchung ist schon unangenehm genug (Schläuche in die Harnröhre gesteckt zu bekommen und dann wird von unten die Blase gefüllt, schließlich pinkelt man in Anwesenheit der Person, die den Druck und die Menge digital misst, wenn man den Harndrang nicht mehr halten kann). Entsprechend emotional beansprucht ging ich also in den Operationsraum, in dem die Blasenspiegelung stattfinden sollte. Ich lag dort mit meinem Unterleib entblößt eine ganze Zeit lang, weil der Arzt nicht kam. Als er schließlich kam, fragte er zunächst, ob ich mein reizblasenhemmendes Medikament abgesetzt hatte, wie besprochen war. Ich hatte das vergessen, blöd gelaufen. Ich ärgerte mich. Der Arzt meinte nur trocken, dass ich dann die urodynamische Untersuchung nochmal wiederholen müsse und machte sich ans Werk. Er hatte keinerlei Empathie dafür, dass das anstrengend werden würde, dass ich Schmerzen aushalten müsste, stattdessen fühlte ich mich nur schuldig und dumm, weil ich diese eine Sache (vor Aufregung an diesem Tag) vergessen hatte. So lag ich dort entblößt und fühlte mich sehr allein und ausgeliefert. Der Arzt sagte, was er machen würde, aber kommunizierte dabei nicht mit mir. Er führte die Geräte in mich ein, das Wattestäbchen, mit dem die Harnröhre betäubt werden sollte, den langen kalten Metallstab, mit dem man die Blase von innen sehen konnte. Es war unglaublich unangenehm und ich verzog das Gesicht vor Schmerzen. Ich litt unglaublich. Der Arzt blieb davon VOLLKOMMEN unberührt und ging rein gar nicht auf mich ein. Statt beispielsweise einer Versicherung, dass es zwar weh tun möge, er aber nur weiter machen würde, wenn ich bereit wäre, bohrte er in mir herum, war sehr grob. Ich krampfte meine Hände in die Unterlage. Es fühlte sich an, als würde ich bestraft werden dafür, dass ich so dumm gewesen war, das Medikament nicht abgesetzt zu haben. Der Arzt arbeitete sein Programm ab, während ich offensichtlich litt, und die Krankenschwester stand mit mitleidigem Gesicht daneben und half dem Arzt. Einmal fehlte ein chirurgisches Instrument, das die Schwester dann holen gehen musste. Der Arzt beschwerte sich in ihrer Abwesenheit abschätzig über sie. Danach stolperte ich nur wie betäubt auf die Toilette und weinte erst einmal. Ich hatte fürchterliche Schmerzen. Jedes Wasserlassen brannte so sehr, Blut. Ich trank zwei Tage lang fast nichts, um bloß nicht auf Toilette gehen zu müssen. Ich bin schon vergewaltigt worden und diese Erfahrung hat nicht dazu beigetragen, dass ich gut damit klar komme, was an einem Unterleib geschieht, oder wenn jemand etwas daran macht. Einen oder zwei Monate später folgte dann die zweite urodynamische Untersuchung, dieses mal mit abgesetzten Medikamenten. Die Krankenschwester war unglaublich nett zu mir, trotzdem musste ich fast sofort weinen, als sie die Schläuche in mich führen wollte und der Schmerz mich an die Blasenspiegelung erinnerte. Unglücklicherweise löste sich nach einiger Zeit einer der Schläuche, sodass ich erneut verkabelt werden musste. Als das Prozedere dann schon ziemlich weit fortgeschritten war, verlor ich das Bewusstsein. Die Schwester fing mich auf, bevor ich von dem Sitz herunterrutschte und schaffte es noch geistesgegenwärtig, die Druckmessung zu starten. Ich bin mir sicher, dass das daran lag, dass ich durch die Schmerzen an die Blasenspiegelung erinnert wurde. Als ich das nächste Mal bei dem Arzt war, sprach ich ihn darauf an, dass die Blasenspiegelung fürchterlich war von ihm und dass ich bei der zweiten Untersuchung ohnmächtig geworden war. Er spielte das herunter und meinte, dass das mal passieren könne. Generell interessierte er sich nicht für das, was ich sagte und schien meine Rückmeldung als störend zu empfinden, wartete nur darauf, dass ich fertig war und gehen würde. Ich habe mehrmals gegenüber den HelferInnen versucht, zumindest darauf hinzudeuten, dass ich schlimme Erfahrungen gemacht habe, aber niemand ist darauf angesprungen. Mich hat innerhalb der Krankenhausstrukturen nie jemand gefragt, wie die Sache gelaufen ist. Mein Problem ist jetzt überhaupt nicht weiter gelöst, keine der Untersuchungen hat einen Befund gegeben. Was ich jetzt davon habe ist bloß schon Panik, wenn ich zum Urologen muss, wenn ich mich wieder dort untersuchen lassen muss. Insgesamt hat das mein Vertrauen in das Gesundheitssystem nachhaltig geschädigt. Ich fühlte mich zuvor sehr sicher und hatte keine besondere Angst mich in diese Situation zu begeben. Jetzt ist mir klar geworden, wie ausgeliefert ich dieser zufälligen Person bin, die mich untersucht, und dass ich mit negativen Erlebnissen vermutlich allein sein werde.

Gut gelaufen:

Keine Angaben

Schlecht gelaufen:

Der Arzt war ein Unempath der besonderen Sorte. Er scheint zu viel Macht zu haben. Die Krankenschwester schien auf meiner Seite zu sein, aber keinerlei strukturelle Handlungsfähigkeit, um sein Verhalten zu unterbinden. Ich bin in diesem Operationssaal misshandelt worden. Es gab keinerlei Räume für mich, meine Wahrnehmungen mitzuteilen oder den Ablauf zu beeinflussen.

Verbesserungsvorschläge:

Bevor die (urodynamische) Untersuchung beginnt, fragen, ob auch das Medikament abgesetzt wurde. (Anonymisierte) Feedbackbögen oder zumindest ein Feedbackangebot, statt dass man einfach draußen abgeladen wird. Bestrafungen oder Maßnahmen für sadomasochistische Ärzte. Empathische Vorgehensweise bei invasiven Eingriffen, die bei vollem Bewusstsein stattfinden, Kommunikation darüber, was passiert und was das (zum Beispiel an Schmerzen) bedeutet und zu erwarten ist. Ich habe jetzt hier das erste mal davon gehört, dass ich das auch bei der Krankenkasse melden kann. Es wäre gut, wenn ich auch in der behandelnden Stelle über so etwas informiert werden würde.

Weitere Infos:

Keine Angaben
Icon Pfeil nach unten

Infos zum Fall:

Perspektive:

Patientin oder Patient

Alter:

15-29 Jahre

Art der EInrichtung:

Normalstation, Operationssaal, Krankenhaus

Geschlecht:

weiblich

Wählen Sie eines der anderen Themen

Wählen Sie das Thema aus, das zu Ihrem Fall am besten passt oder über welches Sie weitere Informationen und berteits veröffentlichte Fälle lesen möchten. Alternativ können Sie Ihren Fall auch direkt über das Meldeformular berichten.
Logos des vdek

Wichtige Mitteilung:

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Patient:innen und Angehörige,

Vielen Dank für Ihre wichtigen Meldungen. Unser System ist aufgrund der zahlreichen Eingänge im Moment an der Belastungsgrenze. Es ist daher zur Zeit nicht möglich, eine Meldung abzugeben. Wir arbeiten daran, das Problem zu lösen. Bitte versuchen Sie es in wenigen Stunden wieder.

Vielen Dank für Ihr Verständnis, Ihr Mehr-Patientensicherheit-Team