Fallbeschreibung:
Die Ende 80 jährige Patientin wurde stationär aufgenommen auf der Geriatriestation. Es war eine Koloskopie geplant, die dann wegen Fieber aber abgesagt werden musste. Die Patientin hatte allerdings die erforderliche Vorbereitung zur Spiegelung bereits durchgeführt.
Der angesprochene Arzt war noch der Meinung, ein erneutes Ansetzen der Koloskopie sei nicht zwingend erforderlich und für die Patientin auch mit einer Belastung verbunden. Einige Tage später überraschten die Ärzte die Patientin damit, dass die Koloskopie nun doch gemacht werden soll. Die erneut angesprochenen Ärzte begründeten dies mit weiter abgefallenen Blutwerten und einer im stationären Bereich besser zu kontrollierenden und zu organisierenden Intervention. Das war nachvollziehbar begründet und letztlich stimmte die Patientin zu.
Was in keiner Weise nachvollziehbar ist, warum nach der erfolgten Koloskopie eine Therapieeinheit angesetzt wurde. Die Patientin hat dem Therapeuten vorher gesagt, sie fühle sich nicht gut und würde besser darauf verzichten. In der Therapie ist sie schließlich ohnmächtig geworden und auf den Hinterkopf gestürzt. Sie hat eine ordentliche Beule am Kopf davongetragen und am Entlassungstag und am Wochenende über Kopfschmerz geklagt. Die Befindlichkeit und die Untersuchungsbelastung wurden leider nicht berücksichtigt, mit den beschriebenen Folgen. Es erscheint eher so, dass die Therapie erfolgen musste, um die DRG „Geriatrische Frühreha“ mit der Krankenkasse abrechnen zu können.
Mit dem Hilfsmittelmanagement wurde vereinbart einen Rollstuhl sowie einen Rollator zur Entlassung zu verordnen. Im Entlassbericht war dann leider nur die Verordnung des Rollstuhles vermerkt. Die Verordnung selbst lag aber auch nicht vor.
Etwa eine Stunde nach der Entlassung die Patientin zu Hause aufsuchte mussten wir zum Überfluss feststellen, dass der Gefäßzugang am rechten Unterarm nicht entfernt worden war. Die angerufene Stationsschwester konstatierte zwar, das hätte nicht passieren dürfen. Als Lösung wurde mir selbständiges Ziehen (als medizinischer Laie habe ich das abgelehnt) oder Aufsuchen der Rettungsstelle in ihrem Haus angeboten. Über die nahegelegene Tagespflegeeinrichtung, die die Patientin besucht, konnte ich eine ausgebildete Pflegefachkraft in die Wohnung bitten.
Bei allem Verständnis für schwierige Personalsituationen in Krankenhäusern und sicher hohen Belastungen aller dort tätigen Menschen, handelt es sich hier um routinemäßige Abläufe. Gerade in einer geriatrischen Fachabteilung sollten sie reibungslos und ohne zusätzliche Risiken für die ihnen überantworteten Patienten funktionieren.
Gut gelaufen:
Keine Angaben
Schlecht gelaufen:
Nach einer Koloskopie mit vorheriger Abführung bei einer geriatrischen Patientin mit Pflegegrad und ohnehin reduziertem Allgemeinzustand, sagt einem der gesunde Menschenverstand, dass eine gewisse Ruhephase vor einer Therapieeinheit eingehalten werden sollte. Erst recht, wenn die Patientin selbst auf ihr Unwohlsein hinweist.
Verbesserungsvorschläge:
Standardabläufe fachlich hinterfragen und nicht dem Abrechnungssystem DRG unterordnen.
Weitere Infos:
Endlich beginnen Abläufe sicher zu digitalisieren, um Personal von Routinen zu entlasten. Gleichzeitig Checklisten und Warnhinweise während der Behandlung und zur Entlassung einarbeiten. KI als Chance?
Infos zum Fall:
Perspektive:
Angehörige oder Angehöriger einer Patientin oder eines Patienten
Alter:
80+ Jahre
Art der EInrichtung:
Normalstation, Krankenhaus
Geschlecht:
weiblich