Fallbeschreibung:
Mein Erfahrungsbericht bezieht sich auf einen meiner wenigen Kontakte mit der Notfallnummer 116117.
Kurz nach einem Feiertag, am Wochenende, entwickelte ich am Abend/Nacht heftige Symptome: Schmerzen im gesamten Bauch, Durchfall, heftiges Erbrechen, Schwindel. Weil ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste, was mit mir los war, rief ich – wie das empfohlen wird, die Notfallnummer 116117 an.
Ziel war, abzuschätzen, ob meine Symptome einen ärztlichen Kontakt erfordern würden.
Ich musste mehrmals die Nummer wählen, bis ich durch kam. Am anderen Ende fragte eine patzige Mitarbeiterin meine Daten und Beschwerden ab. Ich konnte wegen meines heftigen Symptome unmöglich selbst in die nächste kassenärztliche Notfallsprechstunde fahren – noch ein Anlass für den/die Mitarbeiter/in und später auch den Notarzt/ die Notärztin, unglaublich patzig zu werden.
Irgendwann rief der Notarzt/ die Notärztin zurück; es würde ihn/sie ungefähr 1-2 Stunden kosten, um bei mir vorbei kommen zu können. Und sowieso: Könne es sich nicht eh nur um Periodenbeschwerden handeln? Immerhin sei ich in dem Alter. Weitere Einordnungen meinerseits, dass ich zwar schon Episoden hatte, wo ich vor Periodenschmerzen ohnmächtig geworden bin, diese aber nie derart heftig und systemisch auftraten wie meine Symptome an diesem Tag (und dass ich sowieso noch zyklusmäßig nicht dran wäre) haben ihn schlicht nicht interessiert.
Das Gespräch endete mit einem sinngemäßen „ich habe besseres zu tun“ und ich solle mich nicht so anstellen und „halt eine Tablette Buscopan nehmen“. Zur Einordnung: Es handelte sich um Symptome einer akuten Blinddarmentzündung, wie ich später im Krankenhaus feststellen musste. Details dazu haben den Arzt/ die Ärztin nicht interessiert – er/sie sah offensichtlich nur eine Frau im gebährfähigen Alter.
Der patzige Ton und das medizinische Gaslighting haben mich ratlos zurück gelassen und dafür gesorgt, dass ich mich erst Stunden später ins Krankenhaus getraut habe. Immer noch mit der Angst, dort die selbe Antwort zu erhalten. Hätte ich auf den Arzt/ die Ärztin gehört, wäre ich Gefahr gelaufen, später wegen eines durchbrochenen Blinddarms mit Blaulicht ins nächste Krankenhaus gebracht werden zu müssen.
Gut gelaufen:
Nichts.
Schlecht gelaufen:
Miese Erreichbarkeit; schlechter Umgangston mit Menschen, die in einer verletzlichen Lage sind; lehrbuchhafte Symptome einer häufigen Erkrankung wurden ignoriert, weil eine Frau sie vorgetragen hat
Verbesserungsvorschläge:
Es muss endlich, endlich, endlich mehr Augenmerk auf die gesundheitlichen Bedürfnisse von Frauen gelegt werden. Wie kann es sein, dass die Eigeneinschätzung einer erwachsenen Frau, die ihren Körper besser kennt, als irgendein „Halbgott in Weiß“ (ich würde an dieser Stelle gerne schimpfen, erspare es aber den Leuten, die das hier aufbereiten müssen), überhaupt nichts wert ist?!
Bessere Aufklärung über Beschwerdemöglichkeiten in so einem Fall.
Ein weiteres fallspezifisches Problem hier war, dass ich in einer ländlichen Umgebung wohne. Die Fahrt zur nächsten kassenärztlichen Notfallsprechstunde hätte mich gut 45min gekostet und wäre ausschließlich mit dem Auto erreichbar gewesen. Undenkbar in Momenten, wo man seinem Körper und seinem Geist wegen heftiger Symptome kaum noch Herr ist.
Hier die Versorgungsdichte zu erhöhen könnte viel Leid verhindern.
Weitere Infos:
Ich hatte überlegt, mich an das Beschwerdemanagement der zuständigen kassenärztlichen Vereinigung zu wenden. Leider ist es für mich sehr undurchsichtig, unter welchen Bedingungen eine Beschwerde hier zulässig ist – muss ich zb einen konkreten Schaden erlitten haben? Muss ich mit Rückfragen rechnen?
Der Austausch mit dem Arzt/ der Ärztin war nun sehr ärgerlich; aber am Ende habe ich mich selbst entschieden, mir gegen seinen „Rat“ ärztliche Hilfe zu holen. Ist eine Beschwerde überhaupt relevant, wenn „ja eh alles gut gegangen“ ist?
Infos zum Fall:
Perspektive:
Patientin oder Patient
Alter:
30-49 Jahre
Art der EInrichtung:
Bereitschaftsdienstpraxen, Ambulante Praxis, anderer Bereich
Geschlecht:
weiblich