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2025-144

Vorurteile und Diskriminierung: Psychisch und somatisch schwer krank – werde ständig abgewiesen

Fallbeschreibung:

Ich bin in den 90er Jahren an der Borderline Persönlichkeitstörung erkrankt. Seit Anfang der 2000er Jahre lebte ich in Sozialpsychiatrischen Wohnheimen. Sogar in einem geschlossenen Wohnheim für Borderline Persönlichkeitstörung Patienten war ich gerichtlich untergebracht. Dort habe ich mich mit viel DBT Therapie wieder rausgearbeitet. Leider bekam ich ein toxisches Megacolon mit Multiorganversagen, Sepsis, Nierenversagen (wurde kurzzeitig dialysepflichtig) und bekam ein Tracheostoma. Mein Ileostoma konnte im gleichen Jahr, mit Hilfe eines J Pouch wieder zurückverlegt werden. So konnte ich fast ein Jahrzehnt „normal“ auf die Toilette gehen. Ich bin mit meiner Psyche wieder sehr abgerutscht und ging freiwillig in die Psychiatrie. Dort wurde meine Borderline Persönlichkeitstörung erstmal wieder schlimmer und ich blieb auf der geschlossenen Station. Eines Tages war ich im Ausgang und bekam sehr starke Bauchschmerzen. Ich konnte weder sitzen noch liegen. Bin zum Oberarzt und wurde in die Notaufnahme gebracht. Dort wurde vermutet, daß ich etwas gynäkologisches habe und wurde auf die Gynäkologie verlegt. Ich hatte dann eine Bauchspiegelung (die Diagnose bzw was operiert wurde, weiß ich nicht). Nach 3 Tagen Aufenthalt wurde ich zurück in die Psychiatrie verlegt. Meine Bauchschmerzen waren nur leider nicht weg. Es hatte sich nichts verändert an den Schmerzen. Ich muss dazu schreiben, daß ich lange schon Oxicodon 40mg am Tag genommen hatte und selbst entschieden hatte auf der geschlossenen Station den „offenen“ Entzug zu versuchen. Bis die Bauchschmerzen kamen, war ich auf 20mg Oxicodon runter gekommen. Nun da die Bauchschmerzen nicht besser wurden, bekam ich die Umstellung auf Palexia Kapseln und 3x 5mg Morphin s.c. Die Schmerzen wurden davon auch nicht besser. Dann wurde ich auf die offene Psychiatrie Station verlegt. Dort stellte ich fest, dass alle Kapseln und einige Tabletten unverdaut in der Toilette landeten. In der Visite habe ich es erzählt, aber mir wurde nicht geglaubt. Da ich nun stationär war, konnte ich mir keinen Termin in einer Gastroenterologen Praxis machen. Ich habe mir dann in der Sprechstunde im Krankenhaus für Thorax und Visteral Chirurgie einen Termin geben lassen. Der Arzt hat eine Sonographie von meinem Bauch gemacht und mir gesagt, dass mich niemand mehr am Bauch operieren würde, es sei denn, ich habe sehr starke Schmerzen oder es ist Lebensbedrohlich. Mein gesamter Dünndarm war an der Bauchdecke angewachsen. Der Arzt versprach mir, meinen Fall zu besprechen und sich bei meiner Stationsärztin in der Psychiatrie zu melden. Ich habe einen neuen Termin bekommen und bin gegangen. Ich bekam nur keine Rückmeldung. Mittlerweile hatte ich ein halbes Jahr diese fiesen Bauchschmerzen. Der nächste Termin war sehr nüchtern. Irgendwie wurde mir nicht geglaubt, jedenfalls habe ich dem Arzt ein MR Selink vorgeschlagen und er hat eingewilligt. War dann zum MR Selink, bekam nur keine Diagnose oder überhaupt etwas zu hören über den Befund. Meine Psyche ist in der Zwischenzeit wieder abgerutscht und kurz bevor ich entlassen wurde, habe ich versucht mich zu suicidieren. Ich wurde trotzdem in meine neue Einrichtung entlassen. In der Psychiatrie wurde mir die letzten 10 Monate „eingetrichtert“, das meine Bauchschmerzen von dem Schmerzgedächtnis im Bauch kämen und nichts organisches bei mir wäre. Knapp 2 Monate nach Entlassung hatte ich einen Termin beim neuen Hausarzt und der schickte mich ins Krankenhaus, Notaufnahme, da er meinen Bauch beim Abtasten nicht gesund fand. Es war zu dem Zeitpunkt auch noch Lockdown wegen Corona. Die Notaufnahme war voll und ich wurde nach Stunden im Warteraum in ein 3 Liegen Untersuchungs Zimmer gebracht. Nach Blutentnahme wurde ich zum Röntgen geschickt. Kam wieder zurück und der Arzt (es war kein Deutscher und er trug eine FFP2 Maske) versuchte mir mit kaum verstellbaren Deutsch, zu erklären, dass ich unbedingt ein CT mit Kontrastmittel machen lassen soll. Ich habe versucht zu erklären, dass ich aufgrund meiner Chronischen Niereninsuffizienz kein Kontrastmittel bekommen darf. Er hatte mich wohl genauso wenig verstanden, wie ich ihn. Die Schwester hatte dann den Vorschlag gemacht, dass ich mit dem Radiologen sprechen könnte und ich willigte ein. Der Radiologe war damals der einzige, der mir erzählte, dass ich einen Darmverschluss hatte, aber Mithilfe des CT herausgefunden werden müsse, wo der Verschluss ist. So willigte ich das CT ein. Danach wurde ich zurück in das 3 Liegen Untersuchungszimmer in der Notaufnahme geschoben. Zu meiner Überraschung war nicht mehr der für mich zuständige Arzt das, sondern der Arzt, bei dem ich immer zur Sprechstunde war. Er sagte mir, daß am nächsten Tag (Freitag) eine Darmspiegelung sein sollte. Diese wurde Freitag Vormittag gemacht. Danach war kein Arzt mehr bei mir gewesen. Abends kam die Schwester und gab mir ein Zäpfchen, warum wurde mir nicht gesagt. Wochenende war gelaufen und Montag morgen kam die Visite mit vielen Ärzten. Den Oberarzt kenne ich schon viele Jahre. Er meinte zu mir, ob ich nicht wieder nach Hause möchte, da ich nun ein schönes neues Zuhause habe. Auf meine Frage, was im Krankenhaus noch passieren würde, bekam ich zur Antwort, bis Donnerstag würden sie mich beobachten und das Zäpfchen geben. Wenn es mir nicht schlechter geht, werde ich entlassen. Ich habe mich für die Entlassung entschieden. Also Montag nach Hause und über den Hausarzt eine Verordnung für die Gabe des Zäpfchen bekommen. Genau 14 Tage später konnte ich abends nicht mehr auf WC „groß machen“. Es tat alles einfach nur noch weh! Bin zur Betreuerin und habe ihr das gesagt und die Schmerzen sind unerträglich. Sie wollte mich ins Krankenhaus schicken. Ich sagte ihr damals nur:“ Damit ich mit einem Zäpfchen wieder nach Hause geschickt werde?!“. Wir einigten uns auf die 116 117. Der Arzt kam dann auch, schaute mit seinem Kopf in mein Zimmer und meinte nur, daß ich ins Krankenhaus muss. Allerdings dieses Mal in das Krankenhaus, wo ich schon am Darm operiert wurde. Abends um 22 Uhr kam ich in die Notaufnahme und es wurde mir Piritramid gegeben gegen die Schmerzen und sofort ein CT gemacht. Da die Stadt 2 Krankenhäuser hat, kam die Ärztin zu mir nach dem CT und eröffnete mir, daß sie den Transport schon gerufen hat und ich ins andere Krankenhaus komme, da ich einen Darmverschluss habe. Gesagt getan. Der Chirurg wurde angefordert von zuhause und kam nachts um 2 oder 3 Uhr. Er entschied, da es bei mir damals schon schwer war, den J Pouch zu legen und die Rückverlegung, das am nächsten Tag noch eine Passagenprüfung laufen sollte. Den gesamten Dienstag durfte ich alle 2 Stunden zum Röntgen um zu schauen ob das Kontrastmittel, welches ich morgens getrunken hatte, schon durch den Darm nach draußen gelaufen war. Das war abends noch nicht der Fall gewesen. In der Nacht musste ich mich dann ständig übergeben. Am nächsten Tag wurde die Not OP gemacht. Aufgewacht bin ich auf der Intensivstation mit offenen Bauch und einer VAC Pumpe. Es mussten mir sehr viel Dünndarm entfernt werden. Da die Dünndarmschlingen teilweise 6cm Durchmesser hatten, konnte der Darm nicht wieder zusammen genäht werden. Dies OP wurde 7 Tage später versucht, allerdings nicht geschafft. Somit lebe ich nun mit einem Jejunostoma und einem Kurzdarmsyndrom. Zusätzlich bekam ich 3 Wochen später einen Port implantiert zur parenteralen Ernährung. Der Chirurg, der mich schon damals operiert hatte und nun auch wieder, kam an meinem Entlassungstag zu mir um sich zu verabschieden und mir zu sagen, dass wenn die Ärzte sich 8 Monate, bevor es nun so schlimm wurde, nicht getraut hatten zu operieren oder überfordert waren, mich nicht zu ihm ins Krankenhaus geschickt hatten, denn es hätte damals eventuell das Kurzdarmsyndrom vermieden werden können. Und nun habe ich diese Erkrankung. Ich habe lange keinen Gastroenterologen gefunden, da das Kurzdarmsyndrom noch sehr selten ist. Dann habe ich einen Kurzdarmsyndrom (KDS) Arzt gefunden und ich sollte zum Termin die OP Berichte mitnehmen. Leider steht zwar in dem OP Bericht, das ich nun ein Kurzdarmsyndrom habe, aber leider auch, daß mir „nur“ 140cm Dünndarm entfernt wurden. Lange habe ich darum kämpfen müssen, dass ich überhaupt ein KDS habe. Denn der OP Bericht schreibt, 140cm Dünndarm entfernt, so müsste rein rechnerisch noch mindestens 3m Dünndarm vorhanden sein und das ist KEIN Kurzdarmsyndrom! Außerdem wurde mir schon unterstellt, daß ich nur Krank sein möchte und deshalb mir die Symptome, wie die Tabletten landen im Stomabeutel unverdaut oder ohne Infusion bekomme ich Nierenversagen nur einbilden, ja sogar meinen Körper manipuliere, damit genau die Symptome auftauchen. Ein KDS Arzt sagte mir mal, dass ich eher einen Sozialarbeiter brauche und keinen Arzt. Meiner Psyche ging es immer schlechter. Leider bekam ich einen Portinfekt und zusätzlich eine sehr schwere beidseitige Lungenentzündung. Wäre das nicht schon schlimm genug gewesen, steckte ich mich bei meiner Bettnachbarin mit Corona an. Ich wurde (bis heute) zum Pflegefall. Musste von jetzt auf gleich aus der Sozialpsychiatrischen Einrichtung ausziehen und kam wieder in die Stadt (wo die Psychiatrie ist) in eine Fachpflege Einrichtung. Dort lebe ich nun und versuche seit Jahren umziehen zu können. Denn ich habe kein Vertrauen mehr zu dem Krankenhaus und wegen meinem hohen Pflegebedarf kann ich keine Therapie in der Psychiatrie dort machen. Ich versuche nun schon länger in ein Pflegeheim für junge Pflegebedürftige zu kommen, aber es gibt keine freien Plätze. Mittlerweile wurde von meinem KDS Arzt anhand eines CT mein Dünndarm gemessen. Ich habe nur noch ca. 140cm Dünndarm und nicht wie im OP Bericht vermerkt, 140cm Dünndarm entfernt bekommen. Nun liege ich wieder in einem Krankenhaus und habe die Diagnose MS erhalten. Leider habe ich Fieber bekommen und die Blutkulturen aus dem Port zeigten das Bakterium Staphylococcus aureus. Da ich auch noch einen Abzess bekam sowie meine Lunge Entzündungsherde zeigte, musste der Port explantiert werden und die Diagnose komplizierte Bakteriämie. 6 Wochen 3xam Tag 2 verschiedene Antibiotika i.V und dann noch eine negative Blutkultur und es muss ein neuer Port gelegt werden. Die erste OP, in der ich den Port bekommen sollte, ging schief. 2½ Stunden wurde versucht mir einen neuen Port zu legen. Leider geht der Führungsdraht nicht durch zum Herzen. Mittlerweile habe ich keine psychische Kraft mehr, hier im Krankenhaus zu liegen und mich ständig stechen zu lassen. Es ist bisher nicht raus, ob ich einen neuen Dauerzugang bekommen kann. Außerdem kann ich nicht zurück ins Pflegeheim. Dort können die Mitarbeiter nicht mit meiner Psyche umgehen und ich komme damit nicht klar, das immer wieder Bewohner sterben oder die ganze Zeit rumschreien mit lauten, weil sie nicht mehr sprechen können. Nun wurde der Sozialdienst schon beauftragt, für mich etwas anderes zu suchen, aber es wurde mir nur mitgeteilt, das sie dafür nicht zuständig sind, da ich einen Pflegegrad und auch einen Wohnplatz habe, auch wenn ich dort nicht klarkomme. Wenn ich hier entlassen werde, muss ich dorthin zurück. Dorthin, wo ich weder das richtige Essen bekomme (für Mein Kurzdarmsyndrom geeignet) noch meine Borderline Persönlichkeitstörung erkannt wird. Leider habe ich niemanden, der mir bei meiner Suche hilft, noch finde ich einen Therapieplatz in einer Psychiatrie. Wenn nun kein Port mehr implantiert werden kann, dann würde der Sozialdienst mir einen Hospiz Platz suchen, wenn ich allerdings doch noch einen Port implantiert bekomme, stehe ich nach Entlassung wieder vor dem Problem, wie es weitergehen soll! Hätte ich vorher schon die wichtige OP gehabt und kein Kurzdarmsyndrom bekommen, dann würde ich weiterhin in einer Sozialpsychiatrischen Einrichtung wohnen und evtl ginge es auch meiner Psyche besser. So wie es ist, ist es kein Leben mehr.

Gut gelaufen:

Wäre nicht alles auf meine Psyche geschoben worden, wäre es vielleicht viel einfacher für mich. Nicht immer nur auf eine Seite schauen. Der Mensch besteht sowohl aus der Psyche sowie aus dem Körper!!

Schlecht gelaufen:

Meine Borderline Persönlichkeitstörung steht immer und fast überall als Diagnose im Vordergrund. Allerdings kann auch ein psychisch erkrankten Mensch auch eine körperliche schwere Erkrankung haben!

Verbesserungsvorschläge:

Keine Angaben

Weitere Infos:

Ich habe nun schon mehrfach zu hören bekommen, das ich einfach durch das medizinische Versorgungs Raster Falle. Denn für beide schweren Erkrankungen zusammen gibt es keine Versorgung, geschweige denn Wohnheime.
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Infos zum Fall:

Perspektive:

Patientin oder Patient

Alter:

30-49 Jahre

Art der EInrichtung:

Pflege, Stationäre Langzeitpflege (Pflegeheim), Krankenhaus, Normalstation, Notaufnahme, sonstiger Bereich

Geschlecht:

weiblich

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