Fallbeschreibung:
Vor knapp 10 Jahren fing es an mir körperlich schlecht zu gehen. Die Leistungsfähigkeit nahm stark ab. Ich litt unter starken Bauchschmerzen und starkem Schwindelgefühl, Schmerzen in den Knochen und Weichteilen.
Die Ärzte schickten mich zu verschiedenen Untersuchungen, die kein Ergebnis ergaben. Das einzige, was man gefunden hatte, waren Tachykardien, gegen die ich ein Medikament bekam. Das zweite Medikament hat auch geholfen, aber nur gegen Schwindel.
Die Knochen- und Gelenkschmerzen hielten weiter an, meine Leistung war weiterhin stark gemindert. Von den Ärzten hörte ich immer nur, es ist alles psychisch und ich sollte Sport machen. Dabei bin ich eine Person, die sich immer viel bewegt hat. Aber gerade bei sportlicher Betätigung hatte ich immer das Gefühl, als wenn mich etwas blockierte, mich zu bewegen und meine Leistung zu steigern.
An einem Tag des Herzen, bei dem es um Karditis ging, kamen die Symptome mir sehr bekannt vor. Der Hausarzt wollte aber nichts davon wissen. Stufte alles nur an psychisch ein und sagte, er könne mit so viel Symptomen nichts anfangen. Auch ein Arztwechsel brachte hier keine Besserung.
Selbst als ich zum Gutachter zur Einstufung in die Erwerbsminderungsrente musste, wurde ich als Frau nicht ernst genommen. Es wurde sogar im Gutachten behauptet, ich könnte hauswirtschaftliche Tätigkeiten ausführen und damit wäre die Rente abgelehnt. Bei einem Mann wäre dieses Manko nicht passiert!
Heute nach 10 Jahren habe ich endlich meine Diagnose, Rheuma, und kann die Symptome dem Rheuma zuordnen. Die Diagnose ist nur zustande gekommen, weil mein Orthopäde meinen Wunsch unterstützt hat, in eine Rheumaklinik zugehen.
Mittlerweile habe ich zum Glück auch eine neue Ärztin gefunden. Als Diplom-Pflegewirtin habe ich genügend Psychologie und Soziologie gelernt, um zu erkennen, das wir Frauen immer noch viel zu schnell nur als psychisch eingestuft werden und nicht ernst genommen werden.
Die Ärzte machen sich keine genauen Gedanken über die Symptome. Das hat etwas mit dem völlig veralterten Rollenbild der Frau zu tun und auch damit, dass die Medizin nur männlich geprägt war und zu Forschungen immer nur Männer herangezogen wurden.
Somit blieben die Symptome bei Frauen unerklärlich. Ich wünsche mir, dass sich in der Medizin das Rollenbild der Frau endlich ändert, und unbekannte Symptome nicht immer gleich als psychisch eingestuft werden, sondern die Ärzte/tinnen sich Gedanken machen, welche Erkrankungen dahinterstecken könnte.
Leider werden in schwierigen Fällen auch Männer sehr leicht als psychisch eingestuft.
Gut gelaufen:
Dass mein Orthopäde sich über die Meinungen von 2 Rheumatologen, die mir diagnostiziert haben, dass ich kein Rheuma habe, hinweggesetzt hat, und mich eine Rheumaklinik eingewiesen hat. Das hat leider auch 9 Jahre gedauert.
Schlecht gelaufen:
Das Verhalten der Ärzte/tinnen, mich immer nur als psychisch einzustufen, ohne genau nachzufragen und nachzudenken.
Verbesserungsvorschläge:
Die Veränderung in der Medizin generell, dass die Ärzte/tinnen genauer hinsehen, genaue Diagnostik betreiben, Patienten/tinnen genau befragen und nicht alles gleich was schwierig ist als psychisch einstufen. Dazu muss sich aber auch die Ausbildung der Ärzte gravierend ändern.
Weitere Infos:
Keine Angaben
Infos zum Fall:
Perspektive:
Patientin oder Patient
Alter:
50-69 Jahre
Art der EInrichtung:
Ambulante Praxis, Arztpraxis
Geschlecht:
weiblich