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2025-168

Kind stirbt auf Normalstation – Tod wäre laut Gutachten vermeidbar gewesen

Fallbeschreibung:

Meine zweijährige Tochter verstarb im Zusammenhang mit Herzversagen auf der Normalstation einer Kinderklinik, rund 30 Stunden nach der Aufnahme. Wir haben ein fachpädiatrisches Gutachten erstellen lassen, das zu dem Schluss kommt: Ihr Tod hätte mit großer Wahrscheinlichkeit verhindert werden können. Nötig seien eine rechtzeitige kardiale Diagnostik und eine rechtzeitige Verlegung auf die Intensivstation gewesen. Der Facharztstandard wurde unterschritten. Man kannte meine Tochter in dieser Klinik bereits als Risikopatienten mit chronischer Grunderkrankung, die auch milde Herzfehler beinhaltete. Wir waren aufgrund von Atembeschwerden gegen Mitternacht in der Notaufnahme vorstellig. Dort wurden zeitnah und über den Vormittag hinweg diverse Untersuchungen in die Wege geleitet: Labor, Röntgen, Ultraschall. Auch eine Verordnung für EKG und Echo wurde am frühen Morgen ausgestellt. Aus Kapazitätsgründen wurde die Herzuntersuchung jedoch fatalerweise auf den Folgetag verschoben, obwohl ich mehrfach nachfragte. Erst im Nachhinein erfuhr ich durch Einsicht in die Krankenakte, dass mir mehrere kritische Befunde – darunter auch die kardialen Marker – nicht mitgeteilt wurden. Dadurch fehlte mir eine entscheidende Grundlage, um den Zustand meiner Tochter überhaupt einordnen zu können. Ich wies mehrfach auf Verschlechterungen hin: starkes Schwitzen, Trinkschwäche, später Erbrechen und sinkende Sauerstoffsättigung. Jedes Mal wurde ich beschwichtigt. Gegen Mitternacht wurde noch einmal Blut abgenommen. Laut Gutachten hätte aufgrund der Ergebnisse zu diesem Zeitpunkt eine Verlegung auf Intensiv zwingend erfolgen müssen. Stattdessen dokumentierte der/die diensthabende Arzt/Ärztin in der Nacht: „Kind gesehen … keine Sorge vor Erschöpfung.“ Am nächsten Morgen rang meine Tochter nach Luft und schien nicht ansprechbar. Eine von mir herbeigerufene Pflegekraft nahm meine Sorgen nicht ernst, sagte mit Blick auf Kind und Monitor: „Da haben wir schon Schlimmeres gesehen“, und ließ mich mit einem Fiebersaft für mein Kind allein zurück. Kurz darauf erlitt meine Tochter einen Herzstillstand. Sie konnte nicht mehr reanimiert werden und wurde kurz darauf für tot erklärt.

Gut gelaufen:

In der Notaufnahme wurden wir gleich zu Beginn proaktiv gefragt, ob uns unser Kind anders vorkomme als sonst. Die/Der Arzt/Ärztin nahm den Zustand unserer Tochter sichtlich ernst und veranlasste zeitnah alle notwendigen Untersuchungen. Obwohl in der Nacht kein Bett auf der Station frei war, bemühte sich die Pflegekraft spürbar, die Situation für uns zu erleichtern und kümmerte sich aufmerksam um unser Kind. Insgesamt erlebten wir Ärzt:innen und Pflegepersonal bis auf eine Ausnahme als freundlich im Umgang mit uns – umso bitterer ist die Erkenntnis, dass man uns dennoch weder angemessen aufgeklärt noch ernst genommen hat. Nach der vergeblichen Reanimation bemühte sich der/die junge Arzt/Ärztin, uns empathisch zu begleiten. Auch der herbeigerufene Intensivmediziner nahm sich nach dem Versterben meiner Tochter Zeit für uns.

Schlecht gelaufen:

Diverse Punkte: Erst nach über 10 Stunden wurden wir auf die Station verlegt (Bettenmangel). Die verordnete Herzuntersuchung wurde auf den nächsten Tag verschoben, obwohl kardiale Marker anstiegen und Vorerkrankungen bekannt waren (Fehleinschätzung, Kapazitätsengpässe). Wir Eltern wurden über wichtige, kritische Befunde nicht informiert (Aufklärung). Aus einem Protokoll geht hervor, dass die kardialen Befunde in der interdisziplinären Ärztekonferenz am Nachmittag wohl nicht präsentiert wurden (Übergabe). Bei sämtlichen Hinweisen auf Verschlechterung wurde ich beschwichtigt (unterschätzen elterlicher Warnsignale). Auf kritische Laborwerte, die eine Verlegung auf Intensivstation laut Gutachten nötig gemacht hätten, wurde nicht reagiert (Überlastung/Fehleinschätzung?). Bei der Reanimation war mein Eindruck, dass anfangs niemand Angaben zu den Befunden machen konnte (Übergabe). Eine Woche nach dem Versterben unserer Tochter rief uns das gleiche Krankenhaus mit einem Terminvorschlag zur nächsten Kontrolluntersuchung an (Dokumentation/Abläufe). An der Aufarbeitung der zuvor unklaren Todesumstände wurden wir als Eltern weder beteiligt noch über das Ergebnis informiert. Die vollständige Krankenakte lag uns erst nach mehrmaliger anwaltlicher Nachfrage vor (Fehlerkultur).

Verbesserungsvorschläge:

Elterliche Hinweise sollten systematisch in den Behandlungsprozess eingebunden werden – etwa durch gezielte Abfragen und die direkte Dokumentation relevanter Informationen in der Krankenakte. Für ggf. zeitkritische Untersuchungen wie ein EKG/ECHO braucht es eine Dringlichkeitskategorisierung mit klar definierten Fristen zur Durchführung. Zudem sollte ein automatisiertes Laborwarnsystem eingeführt werden, das kritische Werte sofort an das Behandlungsteam meldet, gekoppelt an verbindliche Reaktionszeiten. Der Einsatz von KI zur Befundbewertung sollte dabei unterstützend eingeführt werden.

Weitere Infos:

Ich muss davon ausgehen, dass mein Kind noch leben könnte – wenn es rechtzeitig korrekt diagnostiziert und behandelt worden wäre. Kinder brauchen besondere Aufmerksamkeit: Sie zeigen kritische Zustände oft anders als Erwachsene und können sich nicht immer klar äußern. Auch elterliche Hinweise können Warnsignale sein – im Fall meiner Tochter wurden sie überhört. Es wäre wichtig gewesen, mir alle kritischen Befunde mitzuteilen. Meine Hinweise hätten als Teil der Gesamtbeurteilung ernst genommen werden müssen.
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Infos zum Fall:

Perspektive:

Angehörige oder Angehöriger einer Patientin oder eines Patienten

Alter:

1-4 Jahre

Art der EInrichtung:

Normalstation, Krankenhaus

Geschlecht:

weiblich

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