Fallbeschreibung:
Im Zusammenhang mit meiner Berufung vor dem Sozialgericht um eine EM-Rente schickte mich das Sozialgericht zu einem Gutachter, FA für Neurologie und Psychiatrie, schätzungsweise über 70 Jahre..
Ich bin seit Jahren wegen einer PTBS und schwerer, behandlungsresistenter Schlafstörungen krank geschrieben.
Sowohl dem Gericht als auch dem Gutachter lagen umfangreiche Schreiben meiner behandelnden Psychiaterin, meines behandelnden Psychotherapeuten vor, ebenso Unterlagen der Schlafmedizin, wo ich in Behandlung war und die Unterlagen der Forschungsabteilung, in der ich an einer Medikamenten- Studie zur PTBS teilgenommen hatte und wo eine sehr umfangreiche, die Diagnose bestätigende Diagnostik stattgefunden hatte.
All diese Befundberichte spielten für den Gutachter keine Rolle. (Für das Gericht ebenfalls nicht).
Der Gutachter stellte keinerlei Fragen zu Beschwerden, Symptomen, Einschränkungen.
Er fragte zu Beginn: „was soll ich denn mit Ihnen? Warum arbeiten Sie nicht?“
Meine Versuche, mich zu erklären, wurden weggewischt.
Ich zitiere aus meinem Gedächtnisprotokoll:
„Schlafstörungen? Sie haben keine Schlafstörungen. Das erzählen Sie nur. Schlafstörungen kann man behandeln.“
Als ich ihm die Liste mit all den Medikamenten hinhielt, die ich ohne Verbesserung ausprobiert habe: „Haben Sie es mal mit Rohhypnol versucht?“ Ich: „Nein“. Er.: „Na, Michael Jackson ist daran ja auch gestorben.“
Vergewaltigt als 10jährige.: „Das muss man auch mal hinter sich lassen.“
„Sie habens doch jahrzehntelang nicht gemerkt. Warum jetzt?“
Schläge im Elternhaus: „Sie machen Ihren Eltern Vorwürfe?“
Wochenlang allein als Kleinkind im Krankenhaus: „Das war damals so.“
Die Übergriffigkeit von Männern als blutjunge Berufsanfängerin in den 80er Jahren: „Sie waren die einzige Frau? Na, da haben Sie doch für andere Frauen eine Lanze gebrochen.“
Er befand: „Die Vergangenheit lässt man hinter sich. Oder der Therapeut arbeitet nicht gut.“
So ging es 2 Stunden.
Ich geriet immer mehr in Erklärungs- und Rechtfertigungsdruck. Er hörte nicht zu, ließ nichts von dem gelten, was ich sagte,, wischte alles weg und meinte nur immer wieder: „Sie haben doch einen tollen Job, warum arbeiten Sie nicht?“
Dabei hing er lässig hinter seinem Schreibtisch.
Ich erlebte wieder eine Ohnmachtserfahrung vor einem älteren Mann.
Es war entwürdigend, demütigend und schwer auszuhalten, dass ich keinerlei Bereitschaft erkennen konnte, mir zuzuhören, mich mit meinem Krankheitserleben überhaupt gelten zu lassen.
Das Gutachten ist entsprechend ausgefallen: faktisch sehr viel falsch, keinerlei Berücksichtigung von Symptomen oder Beschwerden, Schlussfolgerungen, ohne dass er die Grundlagen dafür erfragt hätte, und als Fazit: „8 Stunden vollschichtig arbeitsfähig, einschließlich Nachtschicht“.
Ich bin retraumatisiert aus dieser Begutachtung gegangen.
Es war nicht meine erste desaströse Erfahrung mit Gutachtern. Leider haben diese Gutachter alle Macht. In 2 Stunden entscheiden sie über Existenzen. Alles andere, die behandelnden Ärzte und Therapeuten, das eigene Krankheitserleben zählen nicht. Auch die Gerichte folgen nur den Gutachtern.
Die abgelehnte EM-Rente ist nur das eine.
Schlimmer ist die Erfahrung, wie er mit mir umgesprungen ist. Und dass dieser Gutachter weitermacht und weitermachen kann und dafür auch noch gut bezahlt wird, auch wenn er ersichtlich zumindest nicht auf dem Stand der Forschung zum Thema Traumafolgestörungen ist.
Gut gelaufen:
Keine Angaben
Schlecht gelaufen:
Die herablassende, demütigende Art des Gutachters, seine Nichtbereitschaft, sich an den vorliegenden Befunden zu orientieren.
Verbesserungsvorschläge:
Kontrolle der Gutachter.
Keine Gutachter, die nicht auf dem Stand der Forschung sind,
Altersbeschränkung der Gutachter
Weitere Infos:
Wo ist eine Ombudsstelle, wo ich mich – nicht anonym- über diesen Gutachter beschweren kann?
Infos zum Fall:
Perspektive:
Patientin oder Patient
Alter:
50-69 Jahre
Art der EInrichtung:
Ambulante Praxis, Arztpraxis, anderer Bereich
Geschlecht:
weiblich