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2024-1478

Abweisungen durch medizinische Fachangestellte in medizinisch akuter Situation

Fallbeschreibung:

Bei mir handelt es sich um eine weibliche Person mit PTBS, schwerbehindert und in diesem Zusammenhang nichtsprechend. Kommunikation erfolgt schriftlich oder mittels Text-to-Speech-Apps, für diejenigen, die auf gesprochene Worte bestehen. Ich möchte von dem letzten Kontakt in einer Reihe gleichartiger Kontakte mit Arztpraxen, Versorgungszentren etc. berichten. Aufgrund von Gewalt durch Ärzte/Ärztinnen werden Kontakte im Allgemeinen vermieden (Schläge auf den Rücken, durch eine Augenärztin mit resultierendem Schaden an der Wirbelsäule; zertrümmerter gesunder Zahn durch eine Zahnärztin – ohne Narkose oder Betäubung, die Schmerzen durch die Gewalt seien Einbildung gewesen; angeschrien werden von Neurologin; Hausverbot durch Arzt erteilt, der bei plötzlicher halbseitiger Lähmung mir unterstellte, bei meinem Versuch, mich trotz allem mündlich mitzuteilen, ich sei betrunken). Ärzte/Ärztinnen kontaktiere ich seit der Kindheit nur noch, wenn ich Lebensgefahr befürchte. Die Menstruation war sehr stark. Spätestens nach 30 Minuten war alles durchgeblutet. Das war in der ersten Woche so. Das ging in der zweiten Woche so weiter. Ich wurde derart blass, dass mich Passanten unterwegs ansprachen und mich fragten, ob ich Krebs hätte. Sämtliche kontaktierten Praxen lehnten mich ab. Entweder weil ich behindert bin und nichtsprechend, oder weil ich eine Neupatientin wäre und sie bis auf Weiteres keine mehr aufnehmen würden. In der letzten kontaktierten gynäkologischen Praxis hieß es, ich solle zu meinem behandelnden Gynäkologen gehen. Es wurde eine Diskussion darüber angefangen, wie absurd es sei, dass eine Person in meinem Alter eigenen Angaben nach noch nie in gynäkologischer Behandlung war. Ich könnte doch im nächten Quartal noch einmal nachfragen, ob sie dann einen Termin hätten. Es war bereits die dritte Woche mit durchgehend sehr starken Blutungen. – Widerwillig wurde mir ein Termin in sechs Wochen angeboten. Ich dachte, dass ich bis zu einem solch späten Termin längst verstorben sein würde. Erfolglos bemühte ich mich weiter um einen früheren Termin in weiteren Praxen oder direkt für einen Termin in einer Praxis bleiben zu dürfen.

Gut gelaufen:

In der vierten Woche, mit noch immer sehr starken Blutungen, brachte ich meinen Hund zum Impfen zu dessen Tierärztin. Sie war erschrocken über meinen sichtbar schlechten Gesundheitszustand. Auch sie fragte mich, ob ich Krebs hätte. Ich berichtete ihr unter Tränen, dass ich keine Hilfe erhalte. Sofort begann sie zu telefonieren und schon für den nächsten Morgen war für mich ein Termin in einer gynäkologischen Praxis vermittelt worden. Ich werde der Tierärztin so lange ich lebe dafür dankbar sein.

Schlecht gelaufen:

In einer Bereitschaftsdienstpraxis wurden die Beschwerden auf die Psyche geschoben und dagegen auf einem Privatrezept – Globuli/homöopathischer Unsinn – zur Beruhigung verordnet mit dem Hinweis, die tägliche Dosierempfehlung von 3×1 einzuhalten, damit es zu keiner Überdosierung käme. In verschiedenen Apotheken beteuerten die Apotheker*innen auf ausdrückliche Nachfrage, dass es sich um ein Medikament mit einem tatsächlichen Wirkstoff handele. Anderenfalls gäbe es doch kein Privatrezept. Alle Angestellten in den Apotheken würden dies selbst einnehmen und dies helfe sehr gut.

Verbesserungsvorschläge:

Es hätte viel früher, Wochen früher, einfache Hilfe erfolgen und geleistet worden sein können, wenn nicht bereits an medizinischen Fachangestellten in den Praxen und Versorgungszentren gescheitert würde. Genauso, wenn nicht via „Doctolib“ gebuchte Termine kurz darauf durch das Praxispersonal ohne weitere Informationen oder Ersatz gestrichen werden. Es steht medizinischen Fachangestellten (vormals: Arzthelfer*innen) nicht zu, eigenmächtig darüber zu entscheiden, ob seit Wochen anhaltende sehr starke Blutungen „unbedenklich“ genug seien, um eine Patientin mit diesen akuten Beschwerden erst in Monaten zu medizinisch gebildeten Personen durchzulassen.

Weitere Infos:

Es sollte für menstruierende Personen in ähnlicher Lage über Apotheken das in dieser Notlage verordnet werdende Medikament auch ohne Rezept ausgegeben werden können, anstatt nur Wärmeflaschen oder Schmerzmittel zu empfehlen, oder ratlos angestarrt zu werden, da von der Selbstverständlichkeit ausgegangen wird, bei derartigen Beschwerden sofort einen Termin in jeder beliebigen Fachpraxis zu erhalten und nicht immerzu abgewiesen oder vertröstet zu werden. In der Theorie ist die Versorgung ambulant möglich und es müssten nicht die Ressourcen eines Krankenhauses dafür zu genutzt werden. – Das ambulant verordnete Medikament, auf Kassenrezept, hat die sehr starken Blutungen innerhalb von drei Tagen gestoppt. Der starke Blutverlust hatte auch zu einem starken Anämie geführt. – Die in den Apotheken freiverkäuflichen Eisenpräparate wurden durch die Apotheker*innen in der Zeit der verzweifelten Suche nach Hilfe jedoch gar nicht erwähnt. Der gynäkologische Befund war der einer hormonellen Störung mit fortwährender sehr starker Blutung. Nebst zu jenem Zeitpunkt erst kürzlich geplatztem linken Eierstock.
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Infos zum Fall:

Perspektive:

Patientin oder Patient

Alter:

30-49 Jahre

Art der EInrichtung:

Ambulante Praxis, Arztpraxis, Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ), Apotheke, Bereitschaftsdienstpraxen

Geschlecht:

weiblich

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