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2024-1136

Darmverschluss – Stoma Komplikationen

Fallbeschreibung:

• Meine bis zu diesem Vorfall rüstige Mutter wurde mit Verdacht auf Darmverschluss (Dickdarm) ins Krankenhaus eingeliefert. • OP mit Anlage eines künstlichen Darmausgangs (Stoma) wurde als einzige Behandlungsoption angeregt. Noch am gleichen Tag OP mit Anlage eines Stoma. Kommentar Chirurg/in: In ein paar Tagen kann sie entlassen werden und sie wird wieder alles essen können. • Mit jedem Tag nach der OP geht es meiner Mutter schlechter. Der Bauch wirkt aufgequollen, sie muss ständig aufstoßen und sich auch immer wieder übergeben. Kommentar der Ärzte: Sie soll sich mehr bewegen, damit der träge Darm in Schwung kommt. Meine Mutter quält sich jeden Tag, fühlt sich aber zunehmend schwächer. Trotzdem wird sie nach 10 Tagen entlassen. • In der ersten Nacht zuhause geht es ihr sehr schlecht und sie muss sich ständig übergeben. Sie ist so geschwächt, dass mein Vater und ich sie am nächsten Morgen zurück ins Krankenhaus bringen. Kommentar der Pfleger: Wir haben erwartet, dass wir sie bald wieder hier haben werden. • Ich erfahre, dass sich der Darm am Stoma-Ausgang abgeknickt hat und es damit immer wieder zu Blockaden kommt. Man würde versuchen, diesen Knick zu stabilisieren. • Auch nach einer Woche im Krankenhaus geht es meiner Mutter nicht gut. Nach wie vor muss sie sehr viel aufstoßen und sich auch immer wieder übergeben. Nahrung nimmt sie nur schlecht auf und hat auch schon etliche Kilos abgenommen. Die Blutwerte sind alles andere als gut und die Nieren leiden auch. • Nach einer Woche wird sie trotzdem entlassen. Den Weg zum Ausgang schafft sie nicht alleine und wird vom Pfleger im Rollstuhl zur Tür geschoben. Dort sitzt sie bereits, als mein Vater sie in Empfang nimmt. Im Entlassungsbericht gibt es keinerlei Hinweise auf einen abgeknickten Darm oder sonstige Auffälligkeiten, deren Kenntnis bei der weiteren Behandlung wichtig gewesen wäre. • Ein ambulanter Pflegedienst wird eingeschaltet, um uns bei der Stoma-Handhabung zu unterstützen. Trotz schlechter Blutwerte meint der Hausarzt/ die Hausärztin wir sollten einfach ein wenig Geduld haben. • Meine Mutter wird von Tag zu Tag schwächer und kann das Bett kaum mehr verlassen. Nahrung verträgt sie nach wie vor nicht gut. Zudem hat sie inzwischen einen dauerhaften Puls von über 100 und einen zu niedrigen Blutdruck. • Ich versuche Hilfe bei ihrem Facharzt/ ihre Fachärztin für Inneres zu bekommen, da ich das Gefühl habe, der junge Hausarzt/ die junge Hausärztin ist mit diesem Fall überfordert. Der Facharzt/ Die Fachärztin verweigert jedoch jegliche Hilfe, dreht mir ohne ein Wort den Rücken entgegen, obwohl er/ sie meine Mutter seit Jahren kennt. Über seine/ ihre Sprechstundenhilfe lässt er/ sie mir ausrichten „dies ist nicht sein/ ihr Fall“. • Die Feiertage stehen vor der Tür und Ärzte scheinen alle im Urlaub. Meiner Mutter geht es nicht gut. Inzwischen hat sie einen Ausschlag, der an den verschiedensten Stellen zum Vorschein kommt. Obwohl sie trinkt, wirkt sie dehydriert. Zudem hat sie Schmerzen im Rücken. • Der Stoma-Beutel bleibt auch nicht in Position. Die Nächte sind zerrissen von undichten Stoma-Beuteln, Übelkeit, Ausschlag und Schmerzen – an Schlaf ist kaum zu denken. Meine bis zu diesem Vorfall fitte Mutter liegt nur noch apathisch im Bett. Wir sind alle fix und fertig. • Der Hausarzt/ Die Hausärztin ist zurück aus dem Urlaub. Ich bestelle ihn/ sie gleich zu uns nach Hause. Er/ Sie findet den Zustand meiner Mutter auch nicht gut und legt ihr eine Infusion an. Diese lag im kalten Auto, sodass meine Mutter erst mal am ganzen Körper zittert, nachdem er/ sie sie angelegt hat. Sollte sich ihr Zustand bis zum nächsten Tag nicht bessern, empfiehlt er/ sie wieder die Einweisung in die Klinik. • In der darauffolgenden Nacht spitzen sich die Ereignisse zu. In der Nacht muss sich meine Mutter im Minutentakt übergeben. Es scheint der gesamte Darminhalt nach oben zu kommen. Ich rufe den Notarzt. Sie nehmen meine Mutter mit ins Krankenhaus. • Ich rechne mit dem Schlimmsten. Am nächsten Morgen rufe ich in der Klinik an. Man sagt mir, dass meine Mutter bei der Einlieferung extrem schwach war, sie sie aber wieder stabilisieren konnten. Meinem Vater und mir fällt erst mal ein Stein vom Herzen. Pünktlich zur Besuchszeit wollen wir vor Ort sein (seit Corona werden Besuchszeiten in der Klinik sehr streng gehandhabt). • Mein Vater und ich erreichen pünktlich das Krankenhaus. Als wir Richtung Zimmer steuern, sehen wir die Tür offen. Ein Pfleger drängt mich zurück und meint nur, dass der Arzt erst mit mir sprechen möchte. Im Flur neben den Aufzugtüren erfahren wir dann, dass meine Mutter wenige Minuten zuvor verstorben sei. • Wir sind geschockt. Die erste Frage, die der Arzt/ die Ärztin uns stellt, ist, ob wir eine Obduktion wünschen. Er/ Sie scheint erleichtert, als wir darauf verweisen, dass meine Mutter zu Lebzeiten ihren Körper dem Anatomischen Institut zu Ausbildungszwecken gespendet hat. Er/ Sie meint nur, er/ sie würde sich darum kümmern. Danach können wir noch kurz von meiner Mutter Abschied nehmen. • Das Krankenhaus meldet kurze Zeit später Insolvenz an.

Gut gelaufen:

Gar nichts.

Schlecht gelaufen:

• Aufklärung: Drängen auf OP ohne das Aufzeigen von Alternativen • Miserable Kommunikation: entscheidende Komplikationen (Knick im Darm/Stoma) waren nicht im Entlassungsbefund aufgeführt • Zweimalige Entlassung meiner Mutter aus dem Krankenhaus obwohl es ihr offensichtlich sehr schlecht ging • Fehlende fachgerechte Nachversorgung

Verbesserungsvorschläge:

• Bessere Aufklärung bzgl. eines künstlichen Darmausgangs und möglicher Komplikationen inkl. der Handhabung von Stoma, Beuteln etc. • Alternativen aufzeigen und nicht nur auf aufwändige OPs drängen. Meine Mutter hatte weder Krebs noch war der Darm gerissen – warum OP am gleichen Tag? • Sicherstellung einer fachärztlichen Betreuung nach einem solchen Eingriff über den Krankenhausaufenthalt hinaus, vor allem wenn Komplikationen bereits im Krankenhaus sichtbar werden (Notfallnummer mitgeben, die 24/7 erreichbar ist und auf Darm-Ops spezialisiert); der Hausarzt/ die Hausärztin war komplett überfordert und der Facharzt/ die Fachärztin verweigerte seine/ ihre Hilfe • Detaillierter Entlassungsbericht mit der Auflistung aller bekannten Komplikationen (im Fall meiner Mutter: Knick im Darm, der Blockaden verursachen kann) • Erinnerung der Ärzte an ihre moralisch-ethische Verpflichtung zu helfen und nicht Patienten abzulehnen, weil es nicht „ihr Fall“ ist (Hippokratischer Eid)

Weitere Infos:

• Die Ereignisse der vielen Wochen waren brutal und geprägt von Gleichgültigkeit, Überforderung und moralisch verwerflichem Verhalten einiger Ärzte.
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Infos zum Fall:

Perspektive:

Angehörige oder Angehöriger einer Patientin oder eines Patienten

Alter:

70-79 Jahre

Art der EInrichtung:

Pflege, Häusliche Pflege (ambulanter Pflegedienst), Ambulante Praxis, Arztpraxis, Ärztin oder Arzt beim Hausbesuch, Krankenhaus, Aufwachraum, Intensivstation, Normalstation, Notaufnahme, Operationssaal

Geschlecht:

weiblich

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