Fallbeschreibung:
Ich habe rückblickend seit ca. 10 Jahre ME/CFS, vermutlich ausgelöst durch EBV-Infektion. Mein Zustand hat sich schleichend in Etappen verschlechtert. Es wurde immer mit Psychosomatik erklärt, was in meinem Fall nicht ganz falsch ist, bei vielen anderen ME/CFS-Patienten aber schon.
Spätestens bei der anhaltenden Verschlechterung vor ca. 3 Jahren hätten Ärzte/Therapeuten hellhörig werden müssen. Erst vor ca. 1.5 Jahren kam die Idee auf und ich habe letztlich mit Eigeninitiative Ausschluss-Diagnostik und spez. Diagnostik (letzteres beim Privatarzt, Selbstzahler) innerhalb eines Jahres durchführen lassen.
Leider ist die Versorgungssituation in Deutschland nachwievor sehr schlecht, so dass ich selbst die vielen Termine vereinbaren (teils fast erzwingen) musste und einiges sogar selbst zahlen musste. Zugang zu Experten und Fachzentren :-(
Außerdem einmonatige Verschlechterung durch Booster-Impfung. Auch hier musste ich selbst nachforschen und bin bis heute zu keinem 100%igen Ergebnis gekommen.
Weder Post-Vac-Ambulanz noch die diversen Long-Covid-Ambulanzen noch die Zentren für seltene Erkrankungen wollten/konnten mich aufnehmen.
Gut gelaufen:
Ohne meine Eigeninitiative, mein Durchhaltevermögen und mein Geld: NICHTS
Schlecht gelaufen:
s.o.
Mein Zustand hat sich über die Jahre verschlechtert ohne dass Arzt/Therapeut wirklich gehandelt hätte. Da ich im zurückliegenden Jahr durch den Ärztemarathon und die DRV/KK viel Stress hatte, hat sich mein Zustand weiter verschlechtert.
Verbesserungsvorschläge:
Wir brauchen in Deutschland dringend:
– mehr Aufklärung bei Ärzten und Therapeuten zu ME/CFS => frühzeitiges Erkennen und passende Untersuchungen bei jeweiligen Fachärzten. Z.B. immer auf POTS schauen beim Kardiologen o.ä.
– mehr Anlaufstellen für ME/CFS. Es kann nicht sein, dass ein ME/CFS-Patient mit entsprechend wenig Energie viele Ärzte abklappern muss anstatt an einer Stelle umfassend untersucht zu werden
– überhaupt eine bessere Versorgungssituation und Aufklärung
Weitere Infos:
Ich bin immer wieder erstaunt und positiv überrascht, was ME/CFS-Patienten trotz ihres teils erbärmlichen Zustands alles stemmen. IN SUMME dank Geduld, Durchhaltevermögen, guter Vernetzung und mittlerweile einem beeindruckenden „Schwarmwissen“ sehr viel.
Ohne meine Selbsthilfegruppen und diverse Podcasts wäre ich längst noch nicht so weit… und trotzdem musste ich seit Anfang 2024 erst ein besseres Pacing lernen. Das war total untergegangen. Hier hätte eine bessere Versorgung ansetzen müssen, denn Pacing ist das A&O.
Leider wird es selbst auf offiziellen ME/CFS-Seiten oft nur grob erklärt. Dabei ist ein ganz zentraler Bestandteil: immer Energie übrig lassen. Sobald Symptome kommen kann dies auf Überlastung hindeuten.
So banal es klingt, das war mir untergeangen.
ME/CFS-Patienten machen zu viel in Eigenregie:
– Informieren über Erkrankung
– Anpassung des Alltags z.B. durch Pacing
– Ärzte abklappern
– versuchen anerkannt zu werden bei Ärzten, Therapeuten, Gutachtern, Rentenversicherung, Krankenkassen, Arbeitsagentur etc. pp.
– versuchen von der Poltik gesehen zu werden um endlich das so bekommen, was ich oben schon geschrieben habe
Infos zum Fall:
Perspektive:
Patientin oder Patient
Alter:
30-49 Jahre
Art der EInrichtung:
Ambulante Praxis, Arztpraxis, Psychotherapiepraxis
Geschlecht:
männlich